Eine Reise in die Vergangenheit.
Die Burg Steinsberg wird zum Schauplatz des Bauernaufstandes im Jahr 1525.
Sinsheim-Weiler. Es war ein intensives Eintauchen in eine Zeit, in der der Ruf nach Freiheit erstmals lauter erklang als das Klirren von Ketten. Authentisch, bewegend, lehrreich – für Geschichtsinteressierte und Familien gleichermaßen. Wer ein Gefühl dafür bekommen wollte, wie es sich anfühlte, als einfacher Mensch in der Frühen Neuzeit und damit in einem Zeitalter der Umbrüche zu leben, war am Wochenende auf der Burg Steinsberg richtig. Denn so ähnlich muss es sich zugetragen haben, als im Mai 1525 Burgherrin Agnes von Venningen den „Kraichgauer Haufen“ aus Richtung Eppingen auf die Burg Steinsberg zukommen sah.
Die Bauern waren mit Piken, Flinten oder Dreschflegeln bewaffnet und voller Entschlossenheit. Sie forderten lautstark mehr Gerechtigkeit, Freiheit und Mitbestimmung, die zuvor in zwölf Artikeln der Bauernschaft festgelegt worden waren. Auch dabei galt, wie bei den anderen Aufständen der Bauern auch, dass sich die Tumulte gegen die Symbole richteten, nicht gegen Menschen. So wie gegen die Burg Steinsberg.
Und so stand oben an den Zinnen der Adel, der sich zunächst weigerte, die Burg dem „niederen Volk“ zu überlassen. Was dann folgte, ist Geschichte, denn die Burgherrin überließ dem „Kraichgauer Haufen“ dann doch die Burg, die daraufhin ihre „Schulden“ in Form von Dokumenten verbrannten und Teile der Burg in Brand setzten. Das „Lustfeuerlein“ als Symbol der rebellischen Bauernschaft war weithin zu sehen.
500 Jahre sind seitdem vergangen. Es war der Aufstand der Geknechteten, der am Ende in ganz Deutschland dann doch rund 75.000 Menschenleben forderte. Das Museumsnetzwerk Kraichgau und das Sinsheimer Stadtmuseum ließen am Wochenende das Jahr 1525 mit mehr als 100 Living-History-Darstellern so lebendig werden, wie es an der Burg wohl nur selten zuvor gelungen war. Das sonst nur stille Denkmal mittelalterlicher Architektur wurde zum pulsierenden Zentrum von „beuerischer Empörung“. Der Bauernkrieg, jenes dramatische Kapitel deutscher Geschichte, wurde hier nicht nur erzählt – er wurde gelebt, gespürt, gerochen und gehört.
Bereits am Morgen wurden die Besucher von der Atmosphäre eingefangen, die auch Oberbürgermeister Marco Siesing faszinierte, der sich ins Lager der Bauern wagte und beim Ausruf „Aufruhr“ beide Arme in die Höhe riss.
Trommelklang, Pferdewiehern und Rauch von offenem Feuer liegen in der Luft. Kinder, alle in historischer zeitgemäßer Kleidung, rennen umher, mit Stöcken oder Spielzeugbögen „bewaffnet“. Ein Gaukler zeigt seine Kapriolen. Frauen tragen Gewürze, Gemüse und Wasser in die „Sudelei“, in der Patrizia Hamacher von den „Landsknechten Bretten 1504“ für das Mahl verantwortlich ist. „Nicht einfach, für 100 bis 120 Personen auf dem offenen Feuer zu kochen“, sagt sie lächelnd. Unter einem Zelt geschäftiges Treiben von zahlreichen Bauersfrauen.
Bildergalerie:
auch ein Kinderaufgebot war dabei
RNZ 19.5.2025